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Die Bremer Stadtmusikanten - Märchen von Veränderungen

Jetzt ist „früher”.
Wie geht denn das?
Es ist sehr einfach, du brauchst nur mit deinem Bewusstsein dort
hineinzugehen, dann ist „früher” jetzt. Also „es war einmal” ist jetzt.
Und dieses ist eine Zeit der großen Veränderungen. Solche Zeiten findest
du immer wieder, wenn Altes sich überlebt hat. Fast immer sind sie mit
Schmerzen verbunden, manchmal sogar mit einer Revolution. Nur wenige
Menschen spüren Veränderungen bevor sie wehtun.
Manchmal fühlen sogar Tiere, dass etwas anders wird. Eine Unruhe
breitet sich in ihnen aus. Sie werden sich ihrer selbst bewusst. Und das
ist etwas Neues. Sie beginnen, aus ihren alten Rollen auszusteigen.

Da ist zum Beispiel der Hahn.

Er kann einfach den Mist nicht mehr riechen, auf dem er steht und
krähen muss! Wofür eigentlich? Richtet sich irgendjemand noch nach
seinem Schrei? Etwas muss anders werden und wenn es erst mal nur seine
Stimme ist. Er nimmt deshalb Gesangsunterricht bei einer Krähe, auf die
zwar auch keiner hört, aber sie hat den Kammerton „A” in ihrem Schrei.
Und den übernimmt nun der Hahn. „Krakariki” tönt es nun vom Misthaufen.
Er kann sich nicht satthören an diesem neuen Ausdruck seiner
Männlichkeit mit dem unverkennbaren Schmelz des „A‘ s”. Die
Empörung, die dieser Ruf im Hühnervolk und bei den Menschen auslöst
- sie sind eben noch nicht für Veränderungen bereit - ist gewaltig.
Schließlich ist das der Auslöser, dass der Hahn seinen Job aufgibt und
von dannen zieht. Dabei singt er verschiedene Variationen auf
„Krakariki” - unmöglich, alle hier wiederzugeben. Zum ersten Mal fühlt
er, wie toll es ist, ein Gockel zu sein!

Da gibt es die Katze.

Auch bei ihr lösen Veränderungen das alte Verhalten. Sie mag einfach
nicht mehr töten. Na ja, in Wahrheit möchte sie entspannter leben. Nun
ist das zwar eine Überlebensfrage bei Katzen, doch die wird sie lösen. Sie
bereitet sich auf ein neues Leben vor, indem sie Zauberei erlernt. Bereits
beim Denken an ihre Urgroßmutter fließen ihr ganz neue Impulse zu. Sie
bedient sich der Magie, als habe sie nie etwas anderes getan. Ihre
Urgroßmutter wurde deshalb verbrannt, zusammen mit ihrer Herrin,
einer Hexe - im Backofen! Man stelle sich das mal vor - ! Aber ihre Seele
entwich unversehrt durch den Schornstein und ist nun mit Rat und Tat
an ihrer Seite.
Diese Katze verlässt nun Haus und Hof, um sich ganz der Magie zu
widmen.

Und da ist der Hund.

Von den Veränderungen inspiriert, wird ihm bewusst, dass er nur auf
Befehle reagiert, dass er überhaupt kein eigenes Leben hat. Er spürt eine
Sehnsucht in sich, endlich tun zu dürfen, was er will. Ganz heimlich
entwendet er seinem Herrn die Hundepfeife, bei deren Ton sich seine
Gehirnhaut zusammenzieht. Und endlich verweigert er den Gehorsam.
Das ist ganz eindeutig eine schwere Beziehungskrise. Da er frei sein will,
geht er. Er hat seine feine Nase, seinen ausgezeichneten Orientierungssinn
und einigermaßen gute Manieren - ideal, um z.B. als Fremdenführer
tätig zu sein.

Und der Esel?

Ein immer verkanntes Tier, nur zu den niedrigsten Tätigkeiten verurteilt!
Hat sich je ein Mensch mit der besonderen Persönlichkeit dieser Tiere
beschäftigt? Ist dem Menschen überhaupt bewusst, dass er das Jesuskind,
den zukünftigen Erlöser der Welt, bereits in seiner Krippe zärtlich besungen
hat? Wissen sie, dass ein Esel Maria mit dem Kind nach Ägypten getragen
hat? Dass viele Jahre später Jesus auf einem Esel in Jerusalem einreitet und
dass man ihnen beiden Palmenblätter auf den Weg streut? Ein Esel ist also
ein auserwähltes, spirituelles Tier. In dieser Zeit der Veränderungen wird
unserem Esel genau das bewusst. Er erkennt diesen göttlichen Funken in sich.
Mit dieser Erkenntnis ist er sogar den meisten Menschen voraus, denn die
schlafen noch immer tief und fest. Sie lassen noch immer alles mit sich
tun, das heißt, sie reagieren auf Anordnungen und Gesetze anderer, ohne sich
zu wehren. Der Esel spürt in sich die Berufung, in die Welt zu gehen und zu
verkünden: „Die Zeit ist da, um endlich störrisch zu werden!”

Diese vier Tiere begegnen sich also.

Es ist das Gesetz der Resonanz, das hier wirkt: Wesen mit aufgewachtem Geist
finden sich. Damit vervierfacht sich die gemeinsame Kraft. Mit Magie und
Kammerton „A”, mit feinem Gespür für die richtige Richtung, sowie sanften
Eselstritten sind sie märchenhafte Helfer einer Neuen Zeit.
Das mit ihrer Musikalität gehört ins Märchen, ebenso wie die Stadt Bremen.
Dort kommen sie nie an. Dafür findet man sie in Japan, wo man sie in Himeji auf
der Bahnhofsuhr verewigt, weil sie als Schrittmacher erkannt werden. Auch in
Riga vor der Petri-Kirche setzt man ihnen ein Denkmal, sicher auf Grund der
spirituellen Ausstrahlung des Esels. Ja, selbst in der DDR nimmt man sie auf.
Hier allerdings müssen sie eng zusammenrücken, um auf Briefmarken Platz zu
haben. Und man ahnt auch warum. Menschen mit offenen Augen und Ohren
nehmen jedoch die infektiöse Botschaft wahr. Die Ausbreitung ist nicht
aufzuhalten. Weil Kräfte der Veränderung an verschiedenen Orten der Welt wirken,
wo also der Wunsch nach Aufbruch besteht, sind die „Bremer Stadtmusikanten”
- so heißt die Gruppe nun mal, immer Willkommen (oder auch nicht).
Das ist auch der wichtige Grund, warum „früher” bzw. „es war einmal” jetzt ist.

16.11.2014

Barbara Kromphardt

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